- geistliches Drama
- geistliches Drama,geistliches Spiel, das zunächst im Rahmen der kirchlichen Liturgie entstandene Drama des europäischen Mittelalters, das den Gläubigen christliche Heilsgeschehen in dramatischer Gestaltung vorführte; seit dem 10. Jahrhundert im Rahmen kirchlicher Feiern aus dem Tropus entwickelt. Ursprünglich in Kirchen aufgeführt, wurde es im 14. Jahrhundert auf Marktplätze oder in nichtkirchlichen Räume verlegt. Gleichzeitig setzte sich die Volkssprache anstelle der lateinischen Sprache durch. Mit dem Übergang zur Nationalsprache wurden auch nationale Themen einbezogen, z. B. im »Ludus de Antichristo« (um 1160), der im 1. Teil von der Weltherrschaft des deutschen Kaisers handelt. Bedeutende Formen des geistlichen Dramas in Deutschland waren das Osterspiel und das Passionsspiel, in England das Fronleichnamsspiel, das sich in Spanien als Auto sacramental (Auto) herausbildete. Charakteristisch für Frankreich waren die auch in anderen Ländern häufigen Mysterienspiele, für die Niederlande das Mirakelspiel und das allegorische Singspiel, für Italien die Lauda drammatica (ein Prozessionsspiel), die Devozione (ein Predigtspiel) und die Sacra rappresentazione. - Durch Renaissance und Humanismus sowie die Reformation wurde das geistliche Drama im Laufe der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts mehr und mehr verdrängt; nur in streng katholischen Gebieten konnte es sich noch längere Zeit halten, so im Spanien der Gegenreformation bis ins 18. Jahrhundert; vereinzelt existiert es noch in der Gegenwart (Oberammergauer Passionsspiele, seit 1634). (Weihnachtsspiel, Moralität)W. Stammler: Das religiöse Drama des dt. MA. (1925);K. Young: The drama of the Medieval church, 2 Bde. (Oxford 1933, Nachdr. ebd. 1962);W. F. Michael: Das dt. Drama des MA. (1971);Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:geistliches Drama: Mysterien, Moralitäten und Mirakel
Universal-Lexikon. 2012.